Hallo zusammen,
Es ist wieder soweit, die Freiwilligen wurden ausgetauscht. Vor nun schon über zwei Wochen bin ich, Wanja aus dem hohen Norden (Kiel), im unendlich fernen Indien angekommen. Wundervoll aufregend.
So richtig realisiert habe ich den kommenden Umbruch in meinem Leben erst auf der Fahrt vom Flughafen nach Tikiapara. Von Subhosree, der Schulleiterin und zwei anderen Kindern wurde ich super liebevoll abgeholt. Durch eine Verspätung meinerseits mussten sie leider ziemlich lange warten, so dass Samuella (eines der Kinder) auf meinem Schoß eingeschlafen ist. So hatte ich eigentlich auf der Autofahrt das Gefühl, dass ich mich jetzt vorstellen und nette Gespräche führen müsse, aber ich war viel zu sprachlos von den ganzen Eindrücken, wie dem Straßenlärm, den Menschenmassen, dem ganzen Müll, den Rikschas, tuktuks oder menschlichen Trägern. Es ist einfach etwas ganz anderes als in meinem kleinen ruhigen Kiel und das erfährt man jeden Tag aufs Neue.
Nachdem ich kurz in der Schule herumgeführt wurde, war ich den Abend dann allein und konnte innerlich ein bisschen zur Ruhe kommen. Meine anfängliche Sorge, dass ich ohne irgendeinen deutschen Vertreter vielleicht ein bisschen orientierungslos herumirren würde, war definitiv quatsch, denn wirklich jede Person, von Lehrer bis Schüler, hat mich hier so herzlich empfangen und aufgenommen, dass es mir sehr leichtfiel, mich sofort wohl und zuhause zu fühlen. Jede bot mir ihre Hilfe an und ich wurde schnell mit meiner Umgebung vertraut gemacht.
Es fing also an mit einer Vorstellung nach der anderen am nächsten Morgen. Meine schon vorhandenen Schwierigkeiten mir die Namen zu merken, sollten sich hier noch verdeutlichen, da wirklich jeder Name für mich gefühlt neu war. Am Ende dieses wunderschönen ersten Tages bin ich jedenfalls fix und fertig ins Bett geplumpst. Anscheinend war ich aber nicht so müde wie die Nacht zuvor, denn diese Nacht ist mir so richtig aufgefallen, wie laut und warm es hier eigentlich ist. Das heißt, ich habe fast gar nicht geschlafen.
Die Eindrücke rollten also ununterbrochen auf mich ein. Allein die erste Woche war so erlebnisreich wie die Nacht einer Mücke, die es geschafft hat in mein Moskitonetz zu schlüpfen, mir den Schlaf zu rauben, mich mit etlichen Stichen zu versehen, obwohl ich gefühlt zwei Stunden nach ihr suchte und, wenn ich sie kurz sah, wie bedeppert nach ihr klatschte, sie es aber schaffte, wie der größte Held, zu überleben. Apropos, es gab solche Nächte. Das Netz hat ein paar Löcher und es hat zwei Wochen gedauert, bis ich gecheckt habe, dass es einen einfachen Mückenkiller für die Steckdose zu kaufen gibt.
Zusammenfassend gesagt, ich bin ziemlich oft müde.
Trotzdem konnte ich natürlich viele Erfahrungen sammeln, wie z.B. mit den Händen zu essen, das Essen, von dem ich größtenteils sehr begeistert bin, die vielen kleinen Geschäfte und allgemein alles, was es hier zu sehen gibt. Dazu durfte ich einige Familien und deren Unterkünfte kennenlernen, wofür ich sehr dankbar bin. Jetzt ist mein kleines Zimmer hier in der Schule ein riesiger Luxus, den ich sehr zu schätzen weiß.
Und besonders die Schule, die ich mir natürlich ganz anders vorgesellt hatte, ist der Mittelpunkt meines Lebens hier. Die ganzen Kinder und Jugendlichen aus dem Projekt, die ich nach und nach kennenlernen konnte oder hoffentlich noch kennenlernen werde, sind mir alle sofort ans Herz gewachsen. Und auch die Lehrer, mit welchen man sich super offen über alles Unterhalten kann und welche einen ganz selbstverständlich in ihr Team aufnehmen, sind eine wunderbare Begleitung und Unterstützung hier.
Durch das langsam verbesserte Verständnis für das Umfeld, habe ich noch mal viel mehr Respekt für das gesamte Projekt und dessen positive Ausstrahlung gewonnen.
Tag für Tag genieße ich die Zeit mit den Kindern und freue mich auf das kommende Jahr.